Was genau am 24. Jänner 2021 mit Skippy passiert ist – das werden wir nie erfahren. Doch es war dramatisch. Er könnte an dem Abend kaum mehr in die Box gehen und dann konnte er nur stehen, indem er, gebogen wie ein Vanillekipferl da stand und sich an der Boxenwand anlehnte. Jede Bewegung ging nur im Kreis.
Der Unfall
Ich habe sofort meinen Tierarzt Dr. Adlassnig gerufen, zuerst mal ein Schmerzmittel und der Verdacht, er hat sich entweder die Hüfte oder einen Wirbel gebrochen. Strenge Boxenruhe und noch mehr Schmerzmittel und die Nacht abwarten. Mir fehlen nach wie vor die Worte, um zu erklären wie er aussah. Das war am Sonntag Abend. Am Montag Früh sollte ich nachschauen, wie es ihm geht. Und es ging ihm noch schlechter, ich habe ihn kaum aus der Box und wieder rein bekommen. Mein Tierarzt sagte, er kann nichts machen, ich soll auf jeden Fall den Chiropraktiker holen. Vielleicht kann er noch etwas machen. Wenn ich diese Worte mir so anschaue, sagen sie sehr wenig über meinen Gefühlszustand aus.
Hoffnungslosigkeit
Am 25. Jänner 2021 habe ich mich fast den ganzen Tag ins Bett gelegt und geweint. Ich war sehr überzeugt davon, dass wenn der Chiropraktiker kommt, er ihn einschläfern wird, weil nichts mehr geht. Die Schmerzmittel haben nicht angeschlagen. Skippys Blick war so schmerzerfüllt und ich konnte ihm nicht helfen.
Endlich am Abend kam Andy Petric, der Chiropraktiker. Der zweite Tierarzt, der vor Skippy stand und meinte: so etwas habe ich noch nicht gesehen. Beide Tierärzte haben sich auch im Vorfeld abgesprochen. Ich schätze diese Zusammenarbeit sehr und das erfüllt mich immer wieder mit großem Vertrauen. Nur an diesem Tag habe ich mein Vertrauen in eine gemeinsame Zukunft von Skippy und mir verloren. Ganz lange Zeit konnte ich nicht mal darüber sprechen. Der Schock saß mir tief in den Knochen.
Und dann geschah das Wunder
Andy Petric hat Skippy behandelt und er hat sich wieder so gerade richten können, dass er zumindest mal gut stehen konnte. Sein Kommentar: heute schläfern wir ihn noch nicht ein! Viele Behandlungen folgten. Aber nicht nur das. Ich musste langsam damit beginnen, ihn wieder aufzubauen. Sein Körper musste wieder stabilisiert werden und ganz wichtig, wir mussten Muskelaufbau machen. Am Anfang hatte ich jedes mal Angst, wenn ich mit ihm ging. Deswegen habe ich mir auch Hilfe geholt. Christoph Allgäuer hat mich und Skippy wunderbar unterstützt und mir das Vertrauen gegeben, dass Skippy nicht gleich bei den ersten drei Schritten umfällt. Jeden Tag ging Christoph 10 Minuten neben mir her, zeigte mir Übungen, hat vor allem mich beruhigt. Und für Skippy war das so gut, es ging ihm von Tag zu Tag besser.
Für Skippy hat sich viel verändert. Er steht jetzt nicht mehr in der Jungs-Gruppe. Mit der lieben Sandra (sie ist auch schon 30) verbringt er jetzt seine Zeit gemeinsam auf der Koppel. Fast 27 Jahre konnte Skippy nicht allein auf der Koppel stehen. Jetzt wiehert er Sandra kurz nach und bleibt ruhig. Auf der Koppel bekommt er ganztags Heu. Das mit dem Gewicht haben wir leider noch nicht ganz im Griff, aber wir arbeiten daran.
Gewohnheiten ändern
Und wieder einmal hat sich auch für mich, durch mein Pferd eine sehr große Veränderung ergeben. Wie oft ich es vermieden habe, mit ihm zu gehen, bis zum Reitplatz zu gehen, oder einfach einen kleinen Spaziergang zu machen… Jetzt muss ich!! Skippy ist alt und noch nicht ganz fit. Das heißt für mich, er muss mindestens fünf mal die Woche gehen und das ordentlich und nicht nur drei Runden um den Stall. Ordentliche Arbeit ist jetzt gefragt und ganz wichtig für Skippy. Dazu kommt jeden Tag das Heu für die Koppel herrichten und abmisten, egal ob es regnet, schneit oder heiß ist. Für mich habe ich mir folgenden Vergleich zurecht gelegt: Mir hat es ja auch in der Früh nicht wirklich Spaß, Kaffee zu kochen, den hätte ich auch lieber ans Bett geliefert bekommen. Das ist aber nicht so. Genauso wie ich jeden Tag in der Früh Kaffee koche, arbeite ich jeden Tag mit Skippy. Es ist eine Gewohnheit geworden, ganz selbstverständlich.
Und wieder hat mir mein Pferd-als-Lehrer etwas beigebracht: Durchhalten und Überwindung, gehe über die Grenzen hinaus, dann kannst Du wachsen. Verändere Deine Einstellung – vermeide nicht, sondern probiere aus (das hat allerdings Christoph gesagt). Und so bin ich wieder ein Stück gewachsen.
Ein Jahr später
Ein Jahr später ist so vieles anders geworden. Wir haben die Abwärtsspirale durchbrochen. Skippy sieht so gut aus, wie seit Jahren nicht mehr. Es ist viel Arbeit und auch viel mentale Arbeit an mir, jeden Tag mit ihm zu gehen, jeden Tag Futter herrichten. Gerade im Winter, fehlt mir manchmal die Lust. So ohne Halle ist das bei Regen, Schnee und Eis oder auch nur Gatsch, mühselig. Aber es nützt nichts, ich möchte ihm noch schöne Jahre bereiten, Jahre in denen ich für ihn die volle Verantwortung übernehme. Täglich 15 Uhr beginnt meine Skippy-Time.
Ich bin gewachsen – mein Pferd als Lehrer hat wieder mal alles gegeben, um mich weiter zu bringen.