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Mein Pferd als Coach

Der Unfall Teil 2

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Zu meinem letzten Post habe ich viele Reaktionen bekommen. Die meisten fragten danach, warum Skippy buckelt und ob ich mich auch darum gekümmert habe, die gesundheitliche Ursache zu erforschen.

Ich habe Skippy 1995 als Absetzer gekauft. Ich weiß noch, wie alle sagten, dass er ein richtiger Professor ist und es faustdick hinter den Ohren hat. Das war auch richtig. Er hatte hunderte dumme Ideen, fädelte mit dem Huf im Gitter der Box ein, versuchte über die Stallmauer zu steigen usw. Gott sei Dank hat er alles unbeschadet überstanden.

Er wuchs in einer Herde gleichaltriger Hengste auf. Optimale Voraussetzungen für einen jungen Hengst. Leider wurde er extrem dominant, vor allem seinen Kumpeln gegenüber. Weil ich dann auf Hochzeitsreise fuhr, mußte ich ihn noch bevor er 2 Jahre alt wurde kastrieren, damit nichts passieren konnte.

Dann stand er mit zwei Hengstfohlen auf der Koppel, die hatten echt viel Spaß. Beim Einreiten war er brav und willig, er hat zwar probiert zu steigen, aber das wurde ihm letztendlich abgewöhnt. Danach ein Jahr Pause, in dieser Pause sprang ihm leider das hintere Knie raus und wir bekamen die Diagnose – zu lange Bänder in den Knien – er bekam einen Spezialbeschlag, stoppen und spinnen war allerdings vorbei noch bevor es angefangen hat.

Skippy wurde als Freizeitpferd ausgebildet, ging zwar auch ab und zu auf Shows bis er fünf wurde, aber nur zwei oder dreimal im Jahr.

Mein Tierarzt riet mir, noch gezielteren Muskelaufbau für die Hinterhand zu machen, damit wir das Bänderproblem in den Griff bekommen. Wir fingen mit Distanzreiten an. Das war genau das Richtige für Skippy, er war nicht schnell aber ausdauernd. Vom Körperbau her war er nie der vollkommene Quartertyp, sondern eher schlaksig. Das Training paßte ihm optimal, sein Kopf wurde klarer und er konnte sich bewegen.

Als er sechs wurde, zogen wir um, nach Dörfles – dort steht er heute noch. Distanzreiten ging auch hier super, da war er entspannt und ausgepowert, genau was er brauchte. Und im Nachhinein hatte er bisher noch nie in seinem Leben gebuckelt.
Skippy´s Entwicklung

Mein Pferd war immer schon eher unruhig und nervös. Er braucht klare Ansagen, bekommt er diese ist alles gut. Aber bekommt er die nicht, dann versucht er Hals über Kopf und ohne Nachdenken hektisch der Situation zu entfliehen. Skippy braucht Bewegung und ganz viel Beschäftigung. Das war für mich nicht immer ganz einfach, aber wir kamen zurecht.

Dann wurde ich schwanger, ritt noch bis zum 6. Monat, dann meinte der Arzt, ich sollte damit aufhören. Damit Skippy nicht langweilig herumsteht, habe ich mich bemüht, Mitreiter zu finden. Das war nicht leicht. Doch ich fand welche.

Das Buckeln begann. Kurz nach der Geburt meines Sohnes hatte ich einen Lungeninfarkt. So war ich fast ein weiteres Jahr außer Gefecht und konnte mich kaum um Skippy kümmern. Skippy wurde immer schwieriger – nicht nur beim Reiten, sondern auch im Umgang. Die Mitreiter gaben auf. Als ich dann wieder halbwegs fitt war, um mit ihm zu arbeiten, kam er mir wie eine tickende Zeitbombe vor. Er war ständig kurz vorm explodieren. Ich bekam Angst, machte dadurch immer weniger mit ihm. Auch die Trainer, die ich holte, konnten mir die Sicherheit mit ihm nicht zurückgeben. Skippy buckelte und führte sich auf, meine Angst hat das alles noch mehr aufgeschaukelt.

Gesundheitscheck

Als erstes begann ich, alle möglichen Untersuchungen bei Skippy machen zu lassen. Omnipathie, Homöopathie, Chiropraktik, Röntgen, Bioresonanz, Cranio, Sattel – ich versuchte alles (zumindest alles was greifbar war). Von den verschiedenen beruhigenden Futterzusatzstoffen und Kräutern sprech ich gar nicht mehr. Nichts hat genützt, Skippy beruhigte sich nicht. Es fand auch keiner wirklich ein größeres Problem. Es wurde immer schlimmer.

Horsemanship Kurs

Jede Minute mit Skippy war für mich ein Glücksspiel. Entweder er rastet aus oder nicht. Das war schon immer bei ihm so – 30 mal hintereinander ging er wie ein Lamm, das 31. mal rastete er völlig aus. Da war es ganz egal, ob die Sonne schien, der Wind ging, es kalt oder warm war, ich ritt oder ihn nur longierte, es war wie im Lotto.

 

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Die Rettung zumindest für den täglichen Umgang war ein Horsemanship-Kurs. Wir lernten gemeinsam, uns wieder anzunähern. Ich lernte, wie ich ihn beschäftigen kann und besser auf Signale, die er mir sendet hören kann. Skippy war mir unendlich dankbar, dass ich wieder Führungsarbeit leistete. Er liebte es, von mir klare Aussagen zu bekommen und diese zu befolgen. Vom Boden aus war es, nach monatelanger Arbeit mit der Technik, endlich viel viel besser. Ich konnte immer und zu jeder Zeit gut mit ihm umgehen.

Das Buckeln beim Reiten war dann doch nicht so leicht in den Griff zu bekommen. Die Horsemanship Trainerin fand keine Lösung. Ich holte mir wieder einen anderen Trainer – Christoph Allgäuer. Der verstand Skippy dann endlich! Wir haben wieder viel am einander verstehen gearbeitet. Und – ich stieg einfach ab, wenn Skippy zu buckeln begann. Er machte das so, er buckelte einmal und blieb stehen, dann konnte man absteigen. Stieg man nicht ab, buckelte er so lange, bis man unfreiwillig unten war. So servierte er auch die besten Reiter ab. Wenn ich abstieg habe ich ihn enorm intensiv vom Boden aus gearbeitet, nach ca. 20 Minuten konnte ich dann wieder aufsteigen und ohne buckeln reiten. Anders ging es nicht, jede andere Form – eindrehen, Gas geben, drüberreiten etc. – haben wir ausprobiert und alles hat nur mit Stürzen geendet.

Wir haben gemeinsam einen gangbaren Weg gefunden.

Der Unfall wurde dadurch verursacht, dass ich nicht abgestiegen bin. Ich weiss noch heute ganz genau was ich gedacht habe – ach nein, heute geht es auch so. Es ging nicht.

Skippy heute

Wie ja bereits bekannt, wurde ich schwerst verletzt. Seitdem bin ich auf Skippy nicht mehr aufgestiegen. Ich habe nicht das Gefühl, dass ihm das was ausmacht. 5 Monate nach meinem Unfall begann ich wieder mit Bodenarbeit. Das macht er gerne und da haben wir auch seine Emotionen fest im Griff. Ich weiß, dass er sich bewegen muß und auch viel zum Denken angeregt werden muß. Unser Umgang miteinander ist so total angenehm. Ich habe einfach Angst davor, ihn wieder zu reiten. Es gibt Zeiten, da sehne ich mich auf seinen Rücken, dann kommen mir wieder die Bilder meines Sturzes in den Sinn und ich fürchte mich davor.

Ich habe das Gefühl, er ist total glücklich so wie es jetzt ist.

Mein ganz spezieller Skippy ist mit 22 Jahren pumperlgesund und schon in Pension – Frühpensionist halt. Aber ihn scheint das nicht zu stören, solange wir gemeinsam etwas tun. Und das tun wir. Er hat den Abschied vom Reitpferd-Dasein am 11.12.2014 genommen.

Manchmal habe ich den Eindruck, er wollte gar kein Reitpferd sein. Er ist heute viel ruhiger und aufmerksamer mir gegenüber als er es noch vor einiger Zeit war.

Wir gehen unseren gemeinsamen Weg weiter!

Eure Andrea Waldl

 

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